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03. 12. 2012

Telefonat mit Gustl Mollath

Es war nicht leicht gewesen, Gustal Mollath ans Telefon zu bekommen. Rund 20 Patienten verfügen gemeinsam nur über ein Telefon, und natürlich gehen viele Telefonate für Gustl Mollath ein, und verständlicherweise täglich mehrere von Leuten, die für ihn wichtiger sind als jemand, den er gar nicht kennt.

Dennoch war er sehr freundlich, erst nach 10 Minuten kam ein Hinweis darauf, dass er mit mir nicht allzulange telefonieren könne, weil er das Telefon nicht zu sehr zu Lasten der anderen blockieren wolle.

Ich sagte ihm, dass eine Überprüfung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe nach meiner Überzeugung objektiv ergeben würde, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um falsche Vorwürfe handle, sagte ihm, dass sein Fall nur eine Spitze eines Eisbergs sei, und schilderte ihm auch den Fall von "Horst", der um ein Haar über 30 Mitglieder der Zeugen Jehovas ermordet hätte, sein Leben lang gern gewalttätig gewesen sei, zu Hause ein Hitler-Anbetungszimmer gehabt habe, den jeder vernünftige Mensch als irr einstufen müsse, der von Psychiatrie und Justiz aber als "voll schuldfähig" gehandelt werde.

Daraufhin erwiderte Gustl Mollath, die Willkür könne nicht mehr krasser sein, und er erzählte, was für ihn das Schlimmste gewesen sei: Sein Verteidiger habe sich wie ein Gehilfe der Staatsanwaltschaft verhalten, habe selbst auf Schuldunfähigkeit und für Einweisung nach § 63 StGB plädiert, damit also für die Höchststrafe.

Er sagte auch, wovor er am meisten Angst habe, nämlich davor, dass ein Wiederaufnahmeverfahren wiederum nicht gerecht geführt werde, und dass es sein größter Wunsch sei, dass er von der Justiz gerecht behandelt werde.

Ich sagte ihm, dass man als Angeklagter auch selbst handeln könne, worauf er entgegnete, ihm sei das Reden stets abgeschnitten, seine Worte seien unterdrückt worden. Daraufhin sagte ich ihm, dass ich in solchen Lagen mit Befangenheitsanträgen und Strafanzeigen wegen versuchter Nötigung reagieren würde, was ihn offenbar erfreute.

Ich hätte ihm gern einiges darüber erzählt, was man als Angeklagter selbst machen kann, aber dazu war die Zeit zu knapp. Nach meiner Überzeugung wäre dem Gustl Mollath eine Menge erspart geblieben, wenn er nicht studierter Techniker, sondern studierter Jurist gewesen wäre. Er war eindeutig völlig arglos in einen justiziellen Hinterhalt geraten, in dem er dann von Richterschaft, Staatsanwaltschaft, Gutachtern und eigenem Verteidiger ultimativ abserviert wurde.

In diesem Lande sollte man Jura wenigstens nebenbei studieren, so weit, dass man einigermaßen Bescheid weiß und sich dringend benötigtes Wissen schnell aneignen kann.

Vielleicht sollte eine gewisse Rechtsanwältin sich die Alpmann-Skripte zum StGB und zur StPO zu Gemüte führen und dann die Verteidigung des Gustl Mollath übernehmen, damit würde sie jedenfalls etwas Gescheites machen. Das Grundwissen über StGB und StPO kann eine kluge Juristin schnell aufwärmen, aber einem 08-15-Strafrechtsanwalt Kampfesmut und Moral einzuflößen, ist praktisch ein Ding der Unmöglichkeit.

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka