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05. 12. 2012

Unter welchen Umständen können Missstände wachsen?

Zunächst eine erfreuliche Mitteilung für alle, die am Erfolg dieser Domain mitarbeiten, wie z.B. die Hacker der Anarchisten: Bereits gestern, am 04.12. 2012, überschritt die Zahl der Besuche in 2012 das Doppelte der Besuche in 2011:  Statistik

Doch nun zu der Frage, die alle angeht, die ein rechtsstaatliches und demokratisches Deutschland, Frankreich oder was auch immer wollen: Unter welchen Umständen können Missstände wachsen?

These 1: Missstände wachsen am besten im Dunkeln - außerhalb des allgemeinen Bewusstseins.

Die Missstände in der deutschen Justiz existieren außerhalb des allgemeinen Bewusstseins, wofür ich zwei eindrucksvolle Beispiele anführen möchte: Erstens mich selbst. Ich war stets stark politisch interessiert gewesen, hatte alles aufgenommen, was ich an politischem Stoff in die Hände bekam, hatte mich im Rahmen der allgemeinen damaligen Möglichkeiten (Internet gab es noch nicht) umfassend informiert gehabt: Spiegel und SZ im Abo, FAZ, Stern, ZEIT usw. gelegentlich zusätzlich, im Fernsehen die sog. kritischen Sendungen und natürlich stets die Nachrichten.

Außerdem hatte ich im Alter von 30 die Uni längst hinter mir, wozu auch ein paar Semster Jura gehört hatten, während ich immer noch meinte, wir lebten in einem Rechtsstaat.

Dann kam das hier:

http://www.freegermany.de/winfried-sobottka/ruhrnachrichten-artikel.html

und mir waren mit einem Schlag die Augen geöffnet - auf eine niederträchtig-pervers agierende Justiz, die ich mir zuvor in Deutschland nicht annähernd hatte vorstellen können.

Ein anderes Beispiel: Rechtsanwältin Heidrun Jakobs. Zweifellos eine kluge Frau, zweifellos auch sie nicht uninteressiert an politischen und juristischen Gegebenheiten und Entwicklungen, sicherlich im Rahmen der allgemeinen Möglichkeiten informiert - abgesehen von den "Spezialabteilungen" des Internets, in denen man sich über Staatswillkür schlau machen kann.

Rechtsanwältin Heidrun Jakobs ist in einem juristischen Bereich tätig, in dem es einem entgehen kann, was z.B. seitens der Strafjustiz und der "Kindeswohl"-Justiz praktiziert wird. Zudem hatte sie - beharrend auf Gerechtigkeit und Vernunft - einige bedeutsame Siege errungen, u.a. in einem Fall bis hinauf zum BGH, in einem anderen Fall gegen einen OLG-Präsidenten, der Kritik an seiner Arbeit als Gotteslästerung verurteilt sehen wollte.

Vor den geschilderten Hintergründen ist es nicht zu weit gegriffen, anzunehmen, dass Heidrun Jakobs sich dachte: "Der Rechtsstaat funktioniert, man muss seine Mittel nur nutzen."

Rechtsanwältin Jakobs hat nun hinzu gelernt, wie ihr aktuell letzter Blogbeitrag erahnen lässt:

Fall Mollath: Nichts ist gut!

Kurz gefasst zu diesem Punkt: Weder ein Jura-Studium noch eine Tätigkeit als Rechtsanwalt in einem politisch unkritischen Rechtsgebiet noch die Ausnutzung allgemeiner Informationsmittel stehen dem Irrtum, wir lebten in einem Rechtsstaat, im Wege. Das muss man sich im Hirn zergehen lassen, dann wird einem klar, dass bestenfalls 1 Prozent des Volkes weiß, welcher Teufel in der Justiz tobt!

These 2 - optimales Wachstum von Missständen setzt auch voraus, dass sich niemand gegen sie wendet.

Auch das ist in Deutschland der Fall. Was der erfahrene Strafjurist Rolf Bossi schon vor Jahren in dem Buch "Halbgötter in Schwarz" beschrieb, trifft die Wahrheit 1 : 1, wie ich selbst bereits in einem Strafverfahren erleben musste. Hätte Vors. Richter a.LG Helmut Hackmann die Aussagen von mehr als einem halben Dutzend Polizisten protokolliert, dann wären das Beweise für uneidliche Falschaussagen, Freiheitsberaubung und, im Kontext, schwere Körperverletzung gewesen. Aber Richter Hackmann ließ keine einzige Aussage protokollieren, obwohl ich es stets beantragte.

Stets gleichlautend lehnte er ab mit Bezug auf ein BGH-Urteil, demnach es nicht auf den genauen Wortlaut einer Zeugenaussage ankomme. Ab dem zweiten Antrag auf Protokollierung enthielt mein Antrag stets die Formulierung, dass es zwar nicht auf den genauen Wortlaut, aber auf den Inhalt einer Zeugenaussage ankomme. Das hielt Richter Hackmann nicht davon ab, einfach weiterhin mit der Begründung abzulehnen, nach BGH-Entscheidung komme es auf den genauen Wortlaut nicht an.

Die Vorwürfe Bossis sind umfassend und präzise, werden z.T. auch von einem aktuellen Kommentar in der STUTTGARTER ZEITUNG aufgegriffen:

ARTIKEL STUTTGARTER

Bossi veröffentlichte sein Buch 2005. Von welchem Rechtsanwalt, von welcher Rechtsanwältin hörte man zuvor solche Kritik? An welcher Universität erfährt man am Fachbereich "Rechtswissenschaften" davon? An welcher Universität gibt es am Fachbereich "Rechtswissenschaften" ein Fach, das sich überhaupt damit auseinandersetzt, unter welchen Umständen prozessuale Vorschriften gerechten Urteilen förderlich oder abträglich sind, ein Fach, das der Ausarbeitung rechtsstaatlicher Standards für die Prozessführung dient?

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka