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07. 12. 2012

Über angeblich hohe Hürden und den § 63 StGB

Zur Irreführung des Volkes werden bayerische Politiker aus nahezu allen Patrteien derzeit nicht müde, immer wieder auf die angeblich hohen Hürden einer Zwangseinweisung hinzuweisen, immer wieder auf die angeblich sorgfältigen Prüfungen, ob weiterhin Unterbringungsnotwendigkeit bestehe, wenn jemand gegen seinen Willen in der Psychiatrie eingesperrt ist.

Das alles ist nichts anderes als eine Verdrehung der Tatsachen, wie sich auch ohne weiteres empirisch und anhand von Beispielen belegen lässt.

Zunächst gibt es mehrere gesetzliche Grundlagen dafür, jemanden gegen seinen Willen in die Psychiatrie zu sperren, und das kann sehr fix gehen: Irgendjemand gibt einen anonymen Hinweis an das Gesundheitsamt, der X sei aus den und den Gründen gefährlich - für sich selbst, oder für andere.

Das ist die ausreichende Basis für eine "Untersuchung" durch einen örtlich zuständigen Amtspsychiater, ob eine Einweisung nach § 9 PsychKG geboten sei. Natürlich nicht im Falle renommierter CSU-Mitglieder, aber im Falle von politischen Freigeistern oder von Witwen, die ihrer Häuser beraubt werden sollen, wird ein Gesundheitsamt dann aktiv.

Tatsache ist, dass der Amtspsychiater keineswegs ein wissenschaftliches Gutachten anfertigen muss - er muss nur erklären, dass er eine Einweisung nach § 9 für geboten halte, und es gibt mehr als genügend Fälle, in denen genaues Hinsehen völlig willkürliches Handeln in solchen Fällen belegt.

Doch wie sieht es mit Einweisungen nach § 63 StGB aus, nach dem Verfahren, nach dem Gustl Mollath eingewiesen wurde? Kann man da von hohen Hürden reden?

Zunächst sieht es so aus: In einem Strafverfahren, das an einem Amtgericht beginnt, kann gar nicht nach § 63 StGB eingewiesen werden - auch in der Beschwerdeinstanz am Landgericht nicht. Damit nach § 63 StGB eingewiesen werden kann, muss das Verfahren bereits am Landgericht beginnen, vom Gesetzgeber so gewollt, um auszuschließen, dass Zwangseinweisungen wegen strafrechtlicher "Kleinigkeiten" vollzogen werden.

Doch diese Hürde wird sehr einfach umschifft: Wenn die Justiz nach § 63 StGB wegsperren will, dann delegiert das zuständige Amtsgericht Strafverfahren einfach an das Landgericht, so dass sie dort beginnen und dann auch nach § 63 StGB weggesperrt werden kann.

Das habe ich erlebt, das hat Gustl Mollath erlebt, das hat Rüdiger Jung erlebt, das hat Gerhard Winkler erlebt.

Dann hat man es mit einem Verfahren zu tun, das nur eine Tatsacheninstanz beinhaltet, so dass eine Berufung und Neuverhandlung in einer zweiten Instanz nicht möglich sind - unmittelbar mögliches Rechtsmittel  ist nur die Revision beim BGH, die im Falle einer Zwangseinweisung nach § 63 StGB allerdings keine aufschiebende Wirkung hat, und die zweitens an formale Regeln geknüpft ist, an denen viele scheitern.

Dadurch, dass eine Einweisung nach § 63 den "freigesprochenen Verurteilten" (freigesprochen wegen angeblicher Schuldunfähigkeit, aber dafür weggesperrt) sofort aus dem Gerichtssaal in die Psychiatrie bringt, ist er sofort im Räderwerk der Psychiatrie, und es nützt ihm nicht einmal unbedingt etwas, wenn der BGH das Einweisungsurteil als rechtsfehlerhaft einordnet, da die Psychiater, denen er ausgesetzt ist, zwischenzeitlich sagen können: "Wir haben Gründe, die seine Gefährlichkeit bestätigen, er darf nicht entlassen werden." Hier ein Auszug aus einem BGH-Urteil, Fall Rüdiger Jung:

 

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: "Nach alldem kann das angefochtene Urteil zwar keinen Bestand haben, eine rechtlich tragfähige Begründung einer Unterbringungsanordnung erscheint jedoch nicht ausgeschlossen."

Hohe Hürden? Ja, sehr hohe Hürden - für diejenigen, die in die Zieloptik der Staatsverbrecher geraten sind.

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka