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Sehr zurückhaltende Erwähnung des Mordindizes "Reifenspuren" im Urteil, die insgesamt annehmen lässt, dass lediglich gesagt werden konnte: "Es könnte Philips Auto gewesen sein", zudem ein spurenintensives Wendemanöver dort, wo es keinen Grund zum Wenden gab!
4 Punkte, mit Bildern und Skizze



  
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Punkt 1: Zu den im Urteil aufgezählten Mordindizien gehören auch Reifenspuren, die das Auto des Philip Jaworowski auf dem Grundstück der Familie Ostrowski hinterlassen haben soll. Dabei ist im Urteil die Rede davon, dass diese Spuren dem Auto des Angeklagten hätten zugeordnet werden können.

Das ist mager, denn es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten der Zuordnung:

Eine Zuordnung im Sinne von: "Die Spuren könnten von Philips Auto stammen" (Gruppenidentifikation, s. Punkt 2)

und eine Zuordnung im Sinne von: "Die Spuren müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Philips Auto stammen" (Individualidentifikation, s. Punkt 2)


           
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Punkt 2: Zwar ist bei mikroskopischer Betrachtung jeder Reifen einzigartig, aber das spielt für die Polizeiarbeit keine Rolle. In der Praxis kommt es nämlich so gut wie nie vor, dass ein Auto mikroskopisch auswertbare Abdrücke hinterlässt. Lehmböden u.ä. sind viel zu grob, um die mikroskopisch sichtbaren Strukturen, die selbst einen fabrikneuen Reifen einzigartig machen, aufnehmen zu können.

Was gute Reifenspuren hergeben, ist die Erkennung von Reifenprofilen und der Spurbreite des verursachenden Fahr- zeugs, und, in Glücksfällen, die Identi- fizierung eines deutlichen Schadens im Profilbereich.

Solange ein Reifen keinen Schaden hat, eingefahrener Nagel o.ä., der sich in der Reifenspur deutlich niedergeschlagen hat, kann bestenfalls eine Gruppenidentifizierung erfolgen: "Reifentyp X wurde gefahren, der Spurbreite nach muss es ein Auto des Fabrikats Y gewesen sein." Damit kann man Autos von Tatverdächtigen u.U. sicher ausschließen, wenn sie einen anderen Reifentypen fuhren oder eine andere Spurbreite haben, aber natürlich kann man nicht sagen: "Es muss das Auto von X gewesen sein, weil Reifentyp und Spurbreite passen."

Wer sich auf Parkplätzen in Deutschland die sichtbaren Reifenprofile parkender Autos ansieht, dem wird klar, dass individuelle Schäden in Reifenprofilen, die einen echten Individualnachweis ermöglichen könnten ("Das Auto muss es gewesen sein!"), ein echter Glücksfall für polizeiliche Spurenauswerter sind. Zudem wird längst nicht jeder mit dem Auge am Reifen erkennbare Schaden auch auf jedem Untergrund so abgebildet, dass sich daraus etwas machen lässt.
Der "Individualnachweis" als Ergebnis der Auswertung von Reifenspuren ist bei in Deutschland zugelassenen Autos ein fast unglaublicher Glückstreffer, bei LKW aus Ländern mit miserablen Straßen und niedrigem Volkseinkommen sowie in Kriminalfilmen mag das anders sein.

  
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Punkt 3: Im Strafurteil wird innerhalb der gerichtlichen Schilderung des angeblichen Tatablaufs behauptet, Philip habe mit seinem Auto auf dem Grundstück der Ostrowski gewendet. Das erlaubt den Schluss, dass die Reifenspuren, von denen die Rede ist, diese Wendespuren sein dürften, denn auf der Straße vor dem Grundstück dürfte es kaum möglich gewesen sein, brauchbare Reifenspuren aufzunehmen.

Dass Philip in seinem "Geständnis" halbherzig erzählte, er habe gewendet, deutet ebenfalls darauf hin, dass die Wendespuren als Indiz galten, da er hinsichtlich eines anderen Sachverhaltes unzweifelhaft zu erkennen gab, dass er bemüht war, so zu "gestehen", dass es zu dem passte, was das Gericht als erwiesene Tatsachen ansah:    Beleg    

  

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     Schematische Skizze:

        

     Zufahrt rechts:

        

     Zufahrt links:


        
Punkt 4: Allerdings kommt die Frage auf, warum Philip auf dem Grundstück der Ostrowski gewendet haben soll: Sein Auto soll er an anderer Stelle geparkt gehabt haben, und zum Hause der Ostrowski führen zwei Zufahrten, eine von links, eine von rechts neben dem Haus, die durch eine Straße hinter dem Haus verbunden sind. Die (lediglich) schematische Darstellung links verdeutlicht, dass es keinen Grund geben kann, ein Auto im Bereich des Ostrowski-Grundstückes zu wenden: Das Haus samt Grundstück ist im Grunde eine Verkehrsinsel, umgeben von asphaltierter Straße, die in beide Richtungen befahren werden darf. Fährt man über die Zufahrt links hinein, dann kann man die Zufahrt rechts als Ausfahrt nutzen und umgekehrt, gelangt in beiden Fällen zur selben Straße für den allgemeinen Verkehr, in die man dann in beiden Fällen rechts oder links einbiegen kann. Wozu also dort wenden?

Geht man davon aus, dass Philip der Mörder gewesen sei, dann muss man fragen, ob er der Polizei einen Gefallen habe tun wollen. Oder weshalb sonst sollte er überflüssige Fahrübungen auf dem Grundstück der Ostrowski veranstaltet haben, wenn nicht deshalb, um möglichst gute Reifenspuren zu hinterlassen?

Sein Auto soll an der Straße gestanden haben, von dort hätte er ganz einfach vorwärts abfahren können. Wer schnell verschwinden will, der wendet nicht, wenn er ganz einfach vorwärts abfahren kann, und wer gerade ein Mädchen gemordet hat, ist nicht daran interessiert, am Tatort möglichst gute Reifenspuren zu erzeugen.

Geht man aber davon aus, dass dem Philip der Mord von langer Hand geplant untergeschoben wurde, dann gibt es eine plausible Begründung für die "Wendespuren": Man hatte einen VW-Golf zum Abholen einer der Besucherinnen genutzt, dem man den selben Reifentyp aufgezogen hatte, mit dem Philips Golf ausgestattet war ("Gruppenidentifikation", s.o.). Dann gab man sein Bestes, um möglichst gute Spuren auf dem Grundstück der Ostrowski zu hinterlassen.

Die Polizei stellte dann später fest, dass die Spuren zu dem von Philip gefahrenen Auto passten, im Sinne von: "Es könnte das Auto des Philip gewesen sein, das die Spuren erzeugte, Reifentyp und Fahrspur passen." Da diverse andere Indizien scheinbar so sicher auf Philip als Täter deuteten, ging man dann einfach davon aus, dass die Spuren von Philips Auto stammen mussten, schließlich gibt es auf deutschen Straßen nicht nur VW-Golfs mit dem von Philip bevorzugten Reifentyp, und schließlich ist das Grundstück der Ostrowski nicht der Parkplatz einer Mega-Disco, wo in der Nacht von Samstag auf Sonntag tausende von Autos passieren. Jedenfalls gönnen die Richter den Reifensspuren nur sehr knappe Worte in ihrem Urteil, und unter den Indizien nennen sie es auf Seite 30 an letzter Stelle. Hätten die Spuren eine Individualidentifikation hergegeben, also den technischen Nachweis, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrschein- lichkeit nur von Philips Auto stammen konnten, dann hätten die Richter das in ihrem Urteil sicherlich nicht verheimlicht!







Vors. Richter am Landgericht Hagen Dr. Frank Schreiber als Vorsitzender, Richter am Landgericht Marcus Teich Richter am Landgericht Dr.Christian Voigt als beisitzende Richter, Sekretärin Margarete Dodt, Hagen, Verwaltungsangestellter Kristof Schumann, Hagen, als Schöffen, Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer Staatsanwalt Klaus Knierim, als Beamter der Staatsanwaltschaft, Rechtsanwalt Prof. Dr. Ralf Neuhaus, Dortmund, Rechtsanwalt Rudolf Esders, Dortmund, als Verteidiger

   Ein Teil der Namen der Hauptverantwortlichen für eines der  
   ungeheuerlichsten Strafverfahren in der Geschichte der BRD  
   ist links nachlesbar.