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Als alles anders wurde  / Teil 01

Tom hatte einen harten und sehr langen Arbeitstag hinter sich. Es war derzeit viel zu tun, es gab viel Stress, Tom war froh, dass er endlich im Auto saß und nach hause fuhr. Dabei bewegte ihn auch noch etwas ganz anderes: eine neue Kollegin, die ihn so nett angelächelt hatte. So nett und vielsagend. War sie nur ein Luder, dem es Spaß machte, Männer zu reizen? Oder war das ernst gemeint? Eigentlich konnte es ihm egal sein, er war seit fünf Jahren verheiratet, hatte mit seiner Frau zwei Kinder. Warum zum Teufel war die neue Arbeitskollegin ihm nicht egal?

Die neue Kollegin war keine herausragende Schönheit. Aber irgendetwas schien sie zu haben, das spürten Toms Gefühle. Irgendetwas, was seine Ehefrau Birgit nicht hatte. Dabei war Birgit wirklich schön, andere Männer bekamen große Augen, wenn sie sie sahen. Tom verstand die Welt nicht mehr. Zuhause hatte er eine schöne Frau, die alles für ihn tat, die ihn aber nicht mehr reizen konnte. Und nun hatte er eine neue Kollegin, die äußerlich nichts Besonderes bot, die ihn aber reizen konnte und über die er sich Gedanken machte. Das Klima in der Ehe war nicht nur sexuell unergiebig, sondern auch sehr angespannt, nachdem seine Frau wohl nicht zufällig auf Pornobilder gestoßen war, die er auf seinem PC hatte. Er hatte ihr unmöglich sagen können, dass er sich lieber selbst befriedigte, als mit ihr ins Bett zu gehen, aber er hatte auch nicht gewusst, was er stattdessen sagen sollte. Die Situation war gründlich verfahren, zuhause erwartete ihn eine gereizte Ehefrau, die ihm auf die Nerven ging, und zwei Kinder, die zu dieser Zeit zum Glück schon im Bett waren. Sonst hätte er ihnen noch den  glücklichen Vater vorspielen müssen. Tom fragte sich, wann er welchen entscheidenden Fehler in seinem Leben gemacht habe. 

Als er den Wagen in die Garage gefahren hatte, fühlte er sich nicht zuhause. Er fühlte sich im Grunde nirgends zuhause, das, wo er nun war, war etwas anderes als ein Zuhause. Seine Strategie war klar: Birgit bestmöglich aus dem Wege gehen, dann solange fernsehen, bis Birgit garantiert schlief.

Als Tom mit unguten Gefühlen das Haus betreten hatte, kam Birgit auf ihn zu, als ob nichts gewesen wäre. "Du, ich hatte heute einiges zu tun", sprach sie zu ihm, "nimm Dir bitte einfach etwas aus dem Tiefkühlfach, und mache es Dir warm, ja?"  Tom spürte Oberwasser. Das war ja wohl unglaublich, dass sie ihm nach einem Tag härtester Arbeit nicht einmal ein solides Essen bereitet hatte. "Willst Du mich nun auch noch bestreiken? Reicht es nicht, wenn ich mir Deine Moralpredigten anhören muss?"

"Du wirst Dir keine Moralpredigten mehr anhören müssen, und ich hätte Dir auch ein Essen gemacht, wenn ich nicht etwas sehr Wichtiges anderes zu tun gehabt hätte.", entgegnete Birgit ruhig und gelassen.

Keine Moralpredigten mehr? Das wäre viel zu schön, um wahr zu sein, dachte Tom. Dafür hätte Tom auch jeden Abend Tiefkühlkost gegessen. Aber wieso auf einmal keine Moralpredigten mehr? Und was war das Wichtige gewesen, das wichtiger war, als ihm sein Abendessen zu kochen?

"Wirklich keine Moralpredigten mehr?", fragte Tom.

Birgit sah ihm mit einem Selbstbewusstsein in die Augen, das wie Siegeszuversicht aussah: "Wirklich keine Moralpredigten mehr."

"Und was war wichtiger als das Abendessen eines Mannes, der sich für seine Familie kaputt malocht?", setzte Tom nach.

Birgit: "Ein Anruf von einer alten Freundin. Es war so interessant, dass wir die Zeit darüber vergaßen."

Tom war mehr als erstaunt. Zum ersten Mal gab es kein solides Abendessen für ihn, und das wurde ihm mit telefonischem Weibergeschwätz begründet. Tom: "Es wird sicherlich um die Lösung der Weltprobleme gegangen sein, das erklärt natürlich, warum ich auf ein solides Abendessen verzichten muss."

Birgit, in ruhigem Tone: "Es ging um die Lösung unserer Probleme, Deiner und meiner Probleme."

Tom fühlte sich peinlich getroffen: "Darüber redest Du mit einer alten Freundin?"

Birgit: "Unter anderem dafür hat eine Frau Freundinnen, oder wofür sonst?"

Tom: "Du hast ihr alles erzählt?"

Birgit: "Alles. Wie sollte sie mir denn einen Rat geben können, wenn sie nicht Bescheid weiß?"

Tom war der Appetit auf ein Abendessen vergangen. Er schämte sich wegen der Pornobilder. Das machte nun die Runde unter Birgits Freundinnen, unter deren Freundinnen und so weiter.

Birgit: "Sie hat mir gesagt, dass solche Probleme nichts Besonderes seien, und sie hat mir von einem anderen Fall erzählt, in dem es ebenso gewesen sei."

Tom: "Das ist ja sehr bewegend. Darüber muss man natürlich die Zeit vergessen."

Birgit, gelassen: "Es war wirklich sehr bewegend. Stelle Dir vor: Ein anderer Mann, der genauso eingestellt war, wie Du es bist, vergöttert seine Frau nun, liest ihr alle Wünsche von ihren Augen ab, und sie sind nun beide glücklich....."

Tom: "Ich falle tot um. Es ging also um ein Wundermittel, das in einer Frauenzeitschrift beworben wird!  Um Esoterik oder um einen anderen Unsinn! Das Gespräch mit Deiner Freundin muss höchst interessant gewesen sein..."

Birgit: "Ich werde Dir das Wundermittel zeigen, wenn Du zuvor kurz Deine Augen schließt..."

Tom: "Was soll der Blödsinn?"

Birgit: "Ich werde es Dir NUR dann zeigen, wenn Du jetzt Deine Augen schließt. Also?"

Tom: "Na schön, ich schließe jetzt kurz meine Augen."

Kaum hatte Tom die Augen geschlossen, spürte er eine sanfte, warme und nasse Berührung an seinen Lippen. Sofort öffnete er wieder seine Augen. Birgit sah ihm tief in die Augen, und schob einen Finger tief in ihren Mund. Sie zog den Finger aus ihrem Mund heraus und führte ihn weihevoll bis an Toms Mund, den sie wieder kurz berührte, dann zog sie den Finger zurück. Birgit: "Das gerade war vorerst unser letzter Sexualkontakt. Und wenn es überhaupt noch einmal zu sexuellen Kontakten zwischen uns kommen sollte, dann nur noch so, wie ich es will. Ich gehe nun schlafen, wecke mich bitte nicht auf, wenn Du nachher ins Bett kommst. Gute Nacht!"

Tom war innerlich elektrisiert. Er bekam noch ein "Gute Nacht!" heraus, als er Birgit mit großen Augen hinterher sah. Die Vorstellung, dass Birgit zukünftig bestimmen wolle, ob und wie es zu sexuellen Kontakten zwischen ihnen komme, machte ihm einerseits Angst, andererseits erregte es ihn auch. Und der Trick mit dem eingespeichelten Finger war nicht schlecht gewesen, wie ihm klar wurde. Tom leckte sich sehr bedächtig die Lippen ab und spürte, dass von Birgit etwas sehr Anziehendes ausgehen konnte.

 

Ende Teil 01   

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Birgit hat psychologisch sehr wirksam gehandelt, indem sie einerseits völlig darauf verzichtete, Schuldvorwürfe zu machen und sich aufzuregen (=> ihn zu nerven), andererseits sehr gezielt die wichtigsten Signale setzte, jeweils in roter Schrift.

Signal 1: "Ich bin nicht allein, und das, was zwischen uns passiert, passiert nicht unter absolutem Auschluss jeder Öffentlichkeit (=> soziale Kontrolle)."

Signal 2: Es wird an den natürlichen Unterwerfungstrieb des Mannes appelliert:  der Mann will ja eine Frau lieben und für sie da sein, am liebsten will er eine Frau vergöttern - wenn sie seinen Gefühlen entsprechend viel wert ist!

Signal 3: "sie sind nun beide glücklich" - Damit stellt Birgit klar, dass es nicht um etwas geht, wovor ein Mann Angst haben müsste.

Signal 4: Das Spiel mit dem benetzten Finger am Munde des Mannes ist so alt wie das selbe Spiel einer Mutter am Munde ihres Babies und trifft die Grundinstinkte. Der Speichel der Frau versorgt das Kind mit Abwehrkräften und stärkt die Mutter-Kind-Beziehung, der Mann erlebt einen kleinen Lustrausch, wenn er den Speichel der Frau wertschätzend aufnimmt. (Letzteres kann er gar nicht, wenn er sich daran beliebig bedienen kann.)

Signal 5: "Vorerst letzter Sexualkontakt" - Schlagartige "Verknappung". Während Tom zuvor überzeugt war, er könne jederzeit beliebig über Birgit verfügen, muss er sich nun fragen, ob und unter welchen Bedingungen er überhaupt noch Sex mit ihr haben kann. Das macht sie schlagartig interessant.

Signal 6: Birgit stellt klar, dass sie zukünftig über das gemeinsame Sexualleben bestimmt, wenn es noch eines geben soll. Damit spricht sie das natürlich in uns angelegte Schema an - also auch das, wonach der Mann sich in Wahrheit sehnt, und deshalb spricht es ihn stark an.

Mit diesen paar simplen Sachen, gut serviert, hat Birgit es geschafft, in ihrem Ehemann wieder sexuelles Interesse zu wecken. Das hätte allerdings nicht geklappt, wenn ihr Mann bereits einer anderen "verfallen" wäre....